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Rund um das Étang de Thau herum
Das Leben im niederen Languedoc ist von Alters her stark geprägt durch die Gegenwart des Meeres. Die Menschen leben auf diese Weise
nach einem besonderen Rhythmus und ihrem tief im Gemüt verwurzelten "Laissez-Faire", welches sie die Geräusche und Bedingungen
dieser natürlichen Barriere gelehrt haben. Besonders spürbar wird dies auf und rund um das Étang de Thau, jener grossen Binnenlagune
zwischen den Städten Sète und Agde.
Diese Binnenlagunen bzw. Bassins kommen im gesamten Mittelmeerraum neben der südfranzösischen Küste westlich von Marseille nur
noch in Libyen und dem Golf von Venedig (eines in Spanien, ganz vereinzelt auch an der türkischen Küste) vor; nirgendwo aber in dieser
Konzentration, Größe und Länge des Küstenabschnitts wie am Golfe de Lion.
Das Étang de Thau ist mit einer Fläche von 80 Quadratkilometern nach dem Étang de Berre bei Marseille das Größte seiner Art. Hier
treffen wir eine der bedeutendsten Muschel- und Austernzuchten der Welt an, gleichzeitig aber auch den größten Fischereihafen
Frankreichs zum offenen Mittelmeer hin. Wegen der Winde und Wellenverhältnisse finden wir eine grosse Windsurfer-Gemeinde vor,
und aufgrund des niedrigen Wasserstandes sowie Futterreichtums tummeln sich während der Sommermonate neben der Camargue die
Flamingos an diesem Gewässer. Im Umfeld versammelt sich sich die Kultivierung eben solcher Weine, welche genau zum Verzehr der
Produkte des Bassins und des Meeres passen. Nicht ohne Grund zählen die Wohnanlagen des Mont-St.-Clair (Sète) auf der Seite des
Étang de Thau zu den teuersten und begehrtesten Frankreichs, welche ganz vorne liegen in der Liste der besten Lebensqualität, ... noch
vor mondän klingenden Namen an der Côte d'Azur und in der Provence.
Landschaftlich gewiss nicht so spektakulär wie manch wilde Schlucht und topografisches Ereignis im Hinterland, aber schlicht
unabdingbar, um das Land und seine Leute im Dasein, im Leben und v.a. kulturell zu begreifen. Einen ersten Schritt in diese Richtung
haben Sie möglicherweise mit der inneren Aufnahme der Garrigue sowie auch einer Tour durch Sète und seinen Hafen bereits getan.
ZEIT: Ca. 4 - 5 Stunden
Zunächst wollen wir zu dem von Pézenas aus nächsten und neben Sète grössten Ort am Bassin. Das ist Mèze. Auf der Anreise nach
Pézenas sind Sie schon einmal hindurch gekommen. Entsprechend nehmen wir jetzt den umgekehrten Weg: Von Pézenas aus immer
entlang der Hauptstrasse aus der Stadt heraus in Richtung Montgnac. Über beide Kreisel geradeaus hinweg auf der der N113 bis nach
Mèze.
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Station 1 - Mèze
In Mèze folgen wir der Einfachheit halber weiter der Route Nationale, d.h. am ersten richtigen Kreisel im Ort (nicht ausserhalb!) nach
links und beim Kreisel am Ortsausgang nach rechts in Richtung "Port" (also: Hafen). Dort um den Stadtkern herum angekommen führen
Beschilderungen zu verschiedenen Parkflächen, von denen wir uns für eine entscheiden. Macht keinen Unterschied.
Je nachdem, wo wir gerade sind, wenden wir uns zum Hafenbecken hin, das wir zusammen mit dem Platz dort, den Markt- und
Restaurantangeboten, sowie dem umgebenden Viertel im Kontext zur Situation am Étang de Thau einfach mal erkunden.
Kaum zu glauben, aber Mèze ist mit über 10.000 Einwohnern sogar größer als Pézenas, was so gar nicht zum optischen Eindruck
passen möchte. Dies liegt v.a. daran, dass Pézenas in seinem historischen Altstadtkern nicht wirklich dauerhaft ganzjährig bewohnt ist;
die Menschen sind in der Fläche auf die Ränder ausgewichen. Ganz anders ein Ort wie Mèze! Dort lebt ein Drittel der Menschen von der
Austernzucht im Bassin, ein weiteres Viertel direkt oder indirekt vom Tourismus und der Rest vom Weinbau bzw. auch den
Dienstleistungen, welche das funktionierende Leben sicherstellen.
Mèze ist in seiner Struktur geradezu ein Paradebeispiel für einen Ort der aktuellen Zeit und des Lebens im niederen Languedoc jenseits
historischer Legenden.
Um der Geschichte aber doch - wie immer - gerecht zu werden, sei darauf hingewiesen, dass sich rund um den Ort eines der
bedeutendsten Grabungsfelder für Dinosauerier (das grösste in Europa) befindet, die sich in der Spätphase jener pousierlichen
Tierchen vor ca. 65 Millionen Jahren hier zuhauf getummelt haben.
Als Ort wurde Mèze nicht durch die Kelten, sondern von phönizischen Seefahrern ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. angelegt, welche
hier wohl eine geschützte Station auf dem Weg nach Spanien im Sinn hatten. Der Hafen ist bereits seit dem 6. Jahrhundert v. Chr.
belegt.
Heute sehen wir hier auf der Nordseite des Bassins die unzähligen Austernbänke der Orte Marseillan, Bouzigues, Balaruc und eben Mèze.
Der Name Mèze entstammt wohl ebenfalls dem Phönizischen, nämlich "Mansa", was in etwa bedeutet: "Hohe Stelle, von der Rauch
aufsteigt". Ein Lagerplatz also.
Wie Sie bereits richtig vermuten, geht es beim Essen in Mèze vor allem um Meeresfrüchte und das Drumherum. Es gibt hier zwar keine
Sternerestaurants, aber ganz hervorragendes Essen rund um die Produkte der Region und eine so echte wie ehrliche Bewirtung, die in
gewisser Weise den anschwellenden Tourismuseffekten noch immer trotzt.
Mèze ist kulinarisch bekannt für seine kreativ vielfältigen Appetitanreger aus allem, was das Meer zu bieten hat. In kleinen
Schälchen wird auf die verschiedenste Art und Weise dem Lebensgefühl dieses Landes Ausdruck verliehen. - Olivenöl, Knoblauch, Käse
zum Gratinieren, Kräuter, Vinaigre (Weinessig), Wein, Zwiebel und andere Gemüse des Landes sind willkommen. Es ist ein wenig wie die
spanischen Tapas, nur anders. Versuchen Sie das einmal am Ende eines Tages.
Zurück und weiter geht es entlang der N113, bis wir nach nur wenigen Kilometern rechts zum Nachbarort Bouzigues abbiegen.
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Station 2 - Bouzigues
In dem beschaulich am Bassin angelegten Ort in der Nähe des Wassers parken und einfach mal die Strasse am Ufer ablaufen. Ein reines
Fischer- bzw. Muscheldorf so wie man es sich vorstellen möchte. Typisch einfache und funktionale Architektur, Terrassenlokale, Betriebe
rund um die Themen des Étang de Thau, kurzum eine Form lokaler Idylle wie man sie sich kaum besser ausdenken könnte. Dazu
natürlich Touristen und Besucher wie wir.
Der Name Bouzigues soll der Legende nach - wie könnte es im Languedoc auch anders sein - ursprünglich von dem Ausdruck "post-
sygium" herrühren, womit ungefähr "hinter der Sphinx" gemeint ist. Die bezieht sich auf den gegenüberliegenden Berg von Sète (Mont-
St-Clair) auf der Südseite des Bassins, welcher im Profil wie ein kniendes Tier aussehen soll. - Das passt in der Tat zu den Geschichten
des Landes.
Das Dorf ist schon immer ein Fischerdorf gewesen. Die Muschel- und Austernzucht entstand zu Beginn des letzten Jahrhunderts und trägt
heute das Herkunftsmerkmal "Appelation Bouzigues".
TIPP: Für Familien mit jüngeren Kindern bietet sich der Besuch der "Ferme Zoo" an. Die kleine Tierfarm liegt am Ortsrand zum
Landesinneren hin.
Wir kehren zur N113 zurück und biegen dort rechts ein.
TIPP: In einer flachen Ausbuchtung des Bassins lassen sich während der Sommermonate direkt vom Parkplatz eines Fernfahrerlokals
(Les Routiers) Flamingos beobachten.
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Station 3 - Balaruc
Kurz vor der Autobahn biegen wir rechts nach Balaruc ab.
Der Ort ist zweigeteilt: Balaruc-le-Vieux ist das eigentliche Fischerdorf mit Ortskern und Architektur, wie wir es erwarten. Das Dorf ist
ursprünglich und durchaus sehenswert, so dass wir uns im Vergleich zu Bouzigues ein wenig umtun können.
Der Ortsteil Balaruc-les-Bains liegt auf einer kleinen, in das Bassin hinein ragenden Halbinsel und ist durchaus modern bzw. anders
angelegt als die gewachsenen Weiler am Étang de Thau. Hier gibt es Segel-, Surf-, Tauchschule und Touristen, die in erster Linie an
diesen Dingen interessiert sind. Nicht mondän oder unheimlich gemacht (wie in Cap d'Agde), sondern nach den Möglichkeiten und
Vorteilen, welche diese Lage anbietet. Nicht schlecht. Wir treffen hier auf das zweite Standbein des Étang de Thau neben der Muschel-
und Austernzucht. Der relativ niedrige Wasserstand und die Winde bringen Wellen und Bedingungen mit sich, welche sich jenseits des
offenen Meers idealerweise anbieten für diese Schulen auf und unter Wasser.
Auf der Hauptstrasse direkt am Wasser (Route de Sète / erst D129 / dann D2) geht es weiter nach Sète auf der Seite des Bassins.
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Station 4 - Sète / Seite des Étang de Thau
Nach dem ersten Kanal heisst die Strasse jetzt "Route de Balaruc". Beim zweiten Kanal biegen wir nach rechts ab, um darüber zu
kommen. Die Strasse heisst "Boulevard de Verdun". Bevor diese Strasse nach links vom Wasser weg führt, halten wir uns rechts und
treffen tatsächlich auf einen "Chemin des Hirondelles" (diese Vögel geniessen Wertschätzung in dieser kalkigen Region / Schwalben
benötigen Kalk zum Nestbau). Immer weiter am Wasser halten (rechts "Rue des Cormorans"), so gelangen wir zum Hafen des Bassins.
Hier haben wir noch einmal eine andere Perspektive auf das Bassin. Das sind jetzt nicht mehr die Fischer, aber dennoch auch Anrainer
dieses besonderen Gewässers am Mittelmeer. Hier werden Bootstouren zu den Muschelbänken angeboten. Das könnte man machen. Es
lohnt sich sehr.
Zurück auf der Hauptstrasse biegen wir nach rechts am ersten Kreisel auf die Strasse nach Marseillan und Agde ein. Wir kommen über
die Landzunge "Le Toc", welche das Étang de Thau vom offenen Meer trennt.
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Station 5 - Idee, Alternativen und Heimweg
Auf der Landzunge nach Marseillan lohnt sich jetzt natürlich das Bad im Meer. Leider wird die Strasse zur Zeit von dem 14 Kilometer
langen Strand zurück zur Bahntrasse verlegt, so dass es sich bei täglich wechselnden Verkehrsführungen nur schwer orakeln lässt, wo
genau sie auf diesen treffen werden. - Lassen Sie sich nicht abschrecken; es ist genau jener Strand, der zu dem Besten gehört, was die
frz. Mittelmeerküste anzubieten hat.
Ansonsten fehlt auf der Tour um das Étang de Thau noch der Ort Marseillan, den Sie wahrscheinlich schon bei anderer Gelegenheit
passiert haben. Einer der Muschel- und Austernorte des Bassins. Am Hafen des Hauptortes (nicht Marseillan-Plage am Meer) finden
Sie ziemlich idyllische Lokale, in denen es sich thematisch jetzt einkehren liesse.
Entweder Sie kehren nun über Pomérols und Castelnau-de-Gers nach Pézenas zurück oder nehmen von Marseillan aus auf der Nordseite
des Bassins die D51 wieder in Richtung Mèze, um schliesslich über die Route Nationale hinaus zu der römischen "Villa Loupian" zu
gelangen, was den Ausflug rund um diese besondere Binnenlagune irgendwie historisch komplett machte.
Zurück nach Pézenas auf inzwischen sicher bestens bekannten Wegen.
AUSFLUG 8: Rund um das Étang de Thau herum